Alltage

Ein ungewöhnlicher Job /

Seit einiger Zeit sitzt vor dem Supermarkt ein Bettler. Nicht alt, aber auch nicht mehr jung. Ich habe angefangen, ihm Geld zu geben. Ist das zwischen uns ein Dienstleistungsverhältnis? Und wenn ja, habe ich als Verbraucher bestimmte Ansprüche oder Rechte und Pflichten? Welche Leistung erbringt er? Zuverlässig bei Regen, Sonne, Wind und Frost sitzt er neben dem Eingang des Discounters. Manchmal passt er mich auch an der Straßenecke ab, schaut mich wortlos an. Ich hole das Portemonnaie heraus und gebe ihm Geld. Er nimmt es, legt die dunkle Hand aufs Herz und verbeugt sich ganz leicht, kaum merkbar. Auf Augenhöhe, sozusagen. Sonntags hat er frei.

Ich gebe ihm jede Woche zwei bis drei Euro. Ich könnte ihm auch einmal im Jahr hundertfünfzig  geben. Aber wäre das das Gleiche? Würde das das Geschäftsmodell, die Leistung, das Angebot und das Selbstverständnis der Geschäftspartner nicht grundlegend verändern? Und: Würde mir das, was ich regelmäßig von ihm erwerbe, fehlen?

Ein Kommentar

  1. Eine Antwort auf all die guten Fragen lese ich zuerst. Kann es sein, daß nur der, der die richtige Antwort kennt, auch die richtigen Fragen stellen kann? Gib ihm die Euros, und frage Dich auch, warum. Augenhöhe ist wichtig. Viele Menschen geben gerne etwas, und bekommen dabei etwas, daß ihnen etwas bedeutet. Ich gehöre auch zu ihnen, gebe Nudeln, Reibekäse, Zwiebeln, mal Kaffee, einen Joghurt. Alkohol kommt bei ihm nicht ins Haus, das besteht aus einigen Planen, die an einem Kirschbaum befestigt sind. Der blüht übrigens gerade. Aber was den deal angeht, noch besser fände ich es, wenn niemand betteln müßte. Der Bettler nicht und ich auch nicht, denn ich gebe nicht weil ich zuviel habe, sondern weil ich zu wenig habe, irgendwie…jedenfalls…

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