Alltage

Vom Verlust einer Metapher /

Jan Asselborn, ehemaliger Außenminister Luxemburgs, sagte vor kurzem in einem Interview, dass Europa wieder ein neue Erzählung brauche. Auch Robert Habeck hat, als er Minister und Vizekanzler wurde, davon gesprochen. Das leuchtet ein, denn die alte Erzählung vom Wohlstand für alle ist unglaubwürdig geworden.

Vielleicht lohnt es sich, die neuen Erzählansätze mal auf der Mikroebene, also im sprachlichen Detail, zu betrachten. Schließlich beeinflussen Metaphern und Konnotationen unser alltägliches Denken und Handeln.

Zum Beispiel: die „Isolierung von Gebäuden“. Wie sich der permanent wiederholte Gedanke der Isolierung in unser Denken einschreibt, hat Lars von Trier schon 1998 in seinem Film „Idioten“ parodiert.

Das Wort „Verbrenner“ verheißt nichts Gutes. Es beschreibt eine Zustandsänderung mit negativen Folgen. „Stromer“ hingegen klingt gleichzeitig nach einer großen fließenden Bewegung und einem netten, anspruchslosen Herumtreiber. Dass auch für einen Stromer etwas in etwas anderes umgewandelt werden muss, verliert sich in weiter Ferne.

Ein richtig komplexes Problem ist das „Passivhaus“. Wie man es dreht und wendet, in einer Gesellschaft, in der Aktivität zur sogenannten Leitkultur gehört, lassen sich daraus keine spannenden Legenden bilden. Jede Dynamik bleibt in der massiven Isolierung stecken. 

Genau umgekehrt verhält es sich mit „Offshore-Windparks“. Wer denkt bei Offshore nicht automatisch an Panama, Steuerparadiese, Wirtschafts-Thriller und weiße Jachten im tropischen Blau? Eine Assoziation, die den Windparks ein schlechtes Image verpasst. Berechtigt oder unberechtigt, wer weiß das schon?

Ganz anders wirkt das Wort „Wärmepumpe“. Ein rundum positiver Begriff mit einer subtilen Intellektualität, wenn man dabei an die Honigpumpe von Joseph Beuys denken kann. „Wärmepumpe“ wäre die perfekte Metapher für eine neue Erzählung: Wärme, Mitmenschlichkeit und Solidarität. Ist unser Herz nicht auch eine Pumpe? Vielleicht erklärt das, warum die Gegner der neuen Erzählung so intensiv auf dieser unschuldigen Heizung herumhacken. Jetzt ist sie für schlichte Gemüter nur noch ein Schimpfwort, ein Feind des Wohlstands und damit der Feind schlechthin. 

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