Schwarz und weiß /
Eigentlich sind wir alle Menschen und damit gleich. Warum also diese vielen Differenzierungen? Wenn eine weiße Person eine schwarze Person als „schwarz“ wahrnimmt, schreibt die französische Journalistin Tania De Montaigne, dient das dazu, dass sie sich selbst als „weiß“ definiert. Und sowohl „schwarz“ als auch „weiß“ hat in dieser Zuweisung viele offene und verborgene Bedeutungen. Es wäre auch möglich, einfach einen Menschen zu sehen.
Bei der Formulierung von Differenzen muss nicht gleich Rassismus im Spiel sein. Wir unterscheiden permanent: Die Nicht-SUV-Fahrer grenzen sich von den SUV-Fahrern ab und meinen damit, sie seien klüger und reflektierter. Genau so ist es mit denen da oben und denen da unten, Männern und Frauen, Alten und Jungen, Städtern und Dorfbewohnern, Christen und Muslimen, Muslimen und Juden, Juden und Christen, Eltern und Menschen ohne Kinder. Bei soviel Differenz kann einem schwindlig werden.
Können wir unser Selbstbild nur durch Abgrenzung erzeugen? Oder anders gefragt, wie sähe eine Welt aus, die nicht aufgrund von groben oder feinen Unterschieden konstruiert wird, eine Gesellschaft, in der nicht alle permanent damit beschäftigt sind, andere ab- oder aufzuwerten? Die Elite und die anderen, die Hochbegabten und ich, erste Liga, zweite Liga. Vielleicht sind die Russen gar keine Russen, die Türken keine Türken und sogar die Chinesen keine Chinesen. Wo führt das hin? Am Ende sind die Deutschen keine Deutschen. Und ich? Vielleicht bin ich nicht einmal weiß.
Da fällt mir die Busfahrt ein, die ich vor ein paar Tagen gemacht habe. Per Linienbus zum Wandern im Odenwald. Ab Hirschhorn ging es los. Der Busfahrer ein Schwarzer. Beim Einsteigen ist mir das als etwas Besonderes aufgefallen. Dann sitz ich im fahrenden Bus am Fenster, guck ins Grüne, das zügig vorbeizieht. Es fängt an zu regnen draußen. Ein Bus, ein Fahrer, Fahrgäste, wie es immer ist. Die Familie des Fahrers ist daheim und die Kinder fragen, wann kommt der Papa heim…
Das war ein schöner Anfang vom Wandertag. Das Besondere daran war, daß es nichts Besonderes war.
Ja, genau, freundliche Menschen denken so, als Menschen eben.
Gerade letzte Woche war ich bei einer Autorinnenlesung mit Florence Brokowski-Shekete, Autorin, Coach, Schulamtsdirektorin in Mannheim. Es ging um ihr Buch: „Mist, die versteht mich ja“ in dem sie autobiografisch (und witzig) über ihr Schwarzsein erzählt und was ihr im Alltag wegen ihrer Hautfarbe widerfährt.
In der Fragerunde danach hatte jemand so ähnlich formuliert: Gut, wenn die Hautfarbe gar nicht wahrgenommen wird.
Frau Brokowski-Shekete hat entschieden widersprochen, ungefähr so: Wenn in einer Gesellschaft, in der weiße Hautfarbe vorherrscht, Schwarzsein ignoriert wird, werden damit einerseits jede Menge Rassismus und Diskriminierung geleugnet, mit denen Menschen immer noch mehr oder weniger subtil täglich konfrontiert werden, andererseits auch die Privilegien der anderen.
Florence Brokowski-Shekete:
„Mist, die versteht mich ja“ und
„Raus aus den Schubladen“
Wir haben eben noch viel Arbeit zu tun.
Trotz allem bin ich ein Mensch unter Menschen, grenze mich unbedingt von SUV-FahrerInnen ab und bin keinesfalls deutsch 🙂