Über den Tag

Lyrics /

Hallo, ich bins. Ich frage mich, ob wir mal reden sollten, nach all den Jahren. Hallo, kannst du mich hören? Ich bin in Kalifornien und habe grad von uns geträumt, als wir noch jung und freier waren … Ich habs schon tausend Mal bei dir versucht. Ich hab vergessen, wie das war, bevor die Welt uns auf die Füße fiel. Hörst du mich denn? Die Zeit, heißt es, läuft uns davon. Bist du noch dort, wo nichts passiert? Hallo, von meinem irgendwo. Ich rufe an, weil ich versuche, dir es tut mir leid zu sagen. Es tut mit leid, dass ich dein Herz gebrochen hab. Doch spielt das jetzt noch eine Rolle? Es macht dir sicher nichts mehr aus … Hallo von der anderen Seite! … Ich habe es schon tausend Mal versucht. Doch du bist scheinbar nie zu Haus.

4 Kommentare

  1. Tolle Idee, denn die Bedeutung von Songtexten als (bei nicht wenigen Menschen einzige) lyrische Erfahrung kann m.E. gar nicht überbewertet werden.
    Ich persönlich habe noch einen weiteren Grund für die Liebe zu einigen Songtexten oder einzelnen Zeilen daraus. Sie haben mir Dinge bewußt gemacht, und damit wichtige Entscheidungen in meinem Leben beeinflusst.
    Besonders dankbar bin ich für das Augen-Öffnen in Sachen falsche Partner durch Songs wie
    „It Ain’t Me Babe“ von Bob Dylan und „Johnny and Mary“ von Robert Palmer (allerdings erst in der Version von Bryan Ferry).
    Wer ist Ria?

    1. Ria: Frank schreibt:

      Ria ist die Administratorin der Seite.

      Ich denke, dass es vielen so geht. Wir haben hunderte von Songs gespeichert, die wir nach zwei Takten erkennen und vielleicht sogar mitsingen können. Die sich manchmal als Assoziation von selbst melden: “… winter, spring, summer or fall …”, als Trost oder Anstoß.
      Wenn ich heute Lieder höre, die ich früher oft gehört habe, kommt das Gefühl aus der Vergangenheit wieder hoch und ich merke, wie sehr mich diese Texte beeinflusst haben, emotional und auch was meine Haltungen berifft. Neil Young “On the Beach”, das ist mehr als nur ein Lebensgefühl, das sind Bilder und Vorstellungen, die ganz eng mit Einstellungen verknüpft sind. Insofern sind sie ein Teil meiner Identität. Wenn ich mir selbst nicht mehr so sicher bin, weil um mich herum alles immer schneller rotiert, lege ich manchmal so eine Platte auf, um zu hören, wo ich einmal war und wer ich war. Dann ist das so, als stünde ich plötzlich wieder mit beiden Beinen fest auf dem Boden.
      Es ist aber auch erstaunlich, wie sehr manche Gefühle und Gedanken mit der Zeit überwuchert wurden. Was heute zum Beispiel unter dem Begriff “Freiheit” verstanden wird, hat nichts mehr mit dem Freiheitsbegriff zu tun, der vor vierzig oder fünfzig Jahren galt. (Nachtwey und Amlinger zeichnen das aus soziologischer Sicht in “Gekränkte Freiheit” nach). Diese Songs sind auch ein Archiv von Lebensgefühlen, das anders funktioniert als die “ernste” Literatur.

    1. Ja, warum Adele und „All along the Watchtower“? Mit den Lyrics habe ich angefangen, weil ich einfach nur schöne deutsche Übersetzungen von Popsongs oder Teilen davon schreiben wollte. Es ist manchmal gar nicht so einfach, die Liedtexte rhythmisch in Deutsches zu übertragen. Bei einigen Bands habe ich auch mehrere Liedtexte kombiniert, zum Beispiel bei Jethro Tull oder Wishbone Ash. Oder ich habe sie gekürzt, wie bei „’guas de mar’o” von Antonio Carlos Jobim. In beiden Fällen entsteht dann ein eigenständiger Text.
      Bei Adele ging es einfach nur darum, für so ein wuchtiges Lied eine deutsche Version zu finden. Das war gar nicht so einfach, da der Song, wenn Adele ihn singt, sehr markante Stellen hat. Was macht man aus diesem “Hello from the other side”? “Hallo aus der andren Zeit”? So könnte man das Metrum behalten und “side” und “Zeit” wären klanglich nah am Original, aber die Bedeutung würde sich verschieben. Also, es geht darum, etwas Schönes zu machen.
      Doch für “Lyrics” gibt es noch Gründe, die tiefer liegen. Meine (unsere) lyrischen “Erfahrungen” sind stark von Popsongs geprägt. Diesem Einfluss kann ich mit dieser Rubrik etwas nachspüren. Wie viel von der Poesie dieser unzähligen Lieder steckt in meiner Lyrik oder der Lyrik der letzten Jahrzehnte?
      Auch das Liedhafte selbst spielt eine Rolle. Wie erhält man den gesungenen Rhythmus im Text? Und außerdem ist das eine Referenz an Rolf Dieter Brinkmann, der eine kurze Erklärung zu seiner Lyrik geschrieben hat mit dem Titel “Gedichte, so einfach wie Songs”. Das, so Brinkmann, war sein Wunsch, Gedichte so einfach zu schreiben wie Songs.
      Zu “All along the Watchtower” kommt noch etwas hinzu. Der Text passt ziemlich gut in unsere Zeit: kein Ausweg, Verwirrung, Geschäftsleute, Überwachung, Fürsten, Frauen, Diener ohne Schuhe, Wahrheit, die kanpp werdende Zeit und die Bedrohung, die näher kommt.
      Oder anders gesagt: Manchmal ist es einfach gut, wenn man beim Schreiben oder Lesen ein Lied hört und eine Gänsehaut bekommt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert