Die Toten von Marnow – Inhalt, Form und Verschwörung /
Eine spannende Mini-Krimi-Serie vom und im öffentlich-rechtlichen Fernsehen? Das ist selten. Bei „Die Toten von Marnow“ sind sich die Kritiker:innen einig: packende Story, clever erzählt, wuchtig verfilmt und auch irgendwie fies. Da schaut man fassungslos zu. Das ist das Eine, die Form, die Variation eines ziemlich bekannten Krimiplots: Zeugenschutzprogramm, ein Mädchen ist der letzte lebende Beweis gegen einflussreiche Verbrecher, das sicher geglaubte Haus wird verraten, die Kugeln fliegen, es gibt einen Haufen Tote und das Mädchen verschwindet. Wer hat die Anklage unterwandert? Der Staatsanwalt, der Chef vom LKA? Ja, was ist der Fall? Wie meistens, wenn es so episch und brutal zugeht, steckt etwas richtig Böses dahinter: Menschenhandel und Kindesmissbrauch. Die Spur führt in die höchsten gesellschaftlichen Kreise, das organisierte Verbrechen und Vertreter der Staatsmacht sind die Täter. In einem Schloss, das an die schlimmsten Mädchenmörder-Märchen der Brüder Grimm erinnert, feiern sie perverse Feste. Aber diese Geschichte erinnert noch an etwas anderes. Zum Beispiel an die Verschwörungstheorie, dass Hillary Clinton im Keller einer Pizzeria Kinder gefangen hielt, um sie zu missbrauchen. Von da ist es nur noch ein kleiner Schritt zur metaphorischen Umdeutung der Fabel: die Reichen und Superreichen gewinnen aus dem Blut von Kindern ein Anti-Aging-Serum. Oder allgemeiner formuliert, sie beuten und saugen hilflose Menschen aus. Zieht man also all das gut Gemachte von der ARD-Serie ab, bleibt diese gängige Verschwörungstheorie übrig. Das, könnte man argumentieren, stimme zwar, richtig sei aber auch, dass es solche Kinderhändler und -schänder tatsächlich gebe und es somit legitim sei, über dieses Thema einen Film zu machen. Wie auch immer. Wäre ich ein Verschwörungstheoretiker, fühlte ich mich wahrscheinlich bestätigt.