Lesen und Schreiben

Aussagen

Wer Literatur bewertet, kommentiert und argumentiert. Die literaturkritische Argumentation stützt sich, wie oben aufgelistet, auf bestimmte Modelle und Kriterien. Für die Uneinigkeit bei literarischen Wertungen gibt es folgende Gründe: eine unterschiedliche Wahrnehmung der Texte, unterschiedliche Kriterien oder Begriffe oder Einordnungen der Kriterien und Wirkungen.

Diese Differenzen spielgeln sich auf einer anderen Textebene in den Aussage-Sätzen, die für die Argumentation verwendet werden. Aussagen können informativen, funktionalen, normativen und expressiven Charakter haben. Die verschiedenen Typen von Aussagen beziehen sich darauf, ob etwas wahr, geeignet, erwünscht oder ein subjektives Empfinden ist. Werden diese Aussagetypen als Argumente verwendet, stellt sich auch hier die Frage, ob und wie man über sie diskutieren kann und welche Relevanz man den verschiedenen Sichtweisen zuschreibt.

In der pdf finden Sie eine Tabelle mit Aussagen

Beispiele für Aussagen

„Verkehrswissenschaftler haben berechnet, dass man mit einem Tempolimit auf Autobahnen den Ausstoß von Treibhausgasen verringern kann.“ (Informative Aussage: „Daten“; technologische Aussage: „das funktioniert“; normativer Hintergrund bzw. gesellschaftlicher Konsens: „man sollte den Ausstoß von Treibhausgasen verringern“)

„Mit so einem Tempolimit wird meine Freiheit eingeschränkt. Außerdem fahre ich gerne schnell.“ (Normative Aussage: „über den Wert der Freiheit besteht Konsens“; expressive Aussage: „das gefällt mir nicht“)

Beispiele für das Zusammenspiel von Modellen, Kriterien und Aussagen

„Die Autorin stellt mit unglaublicher Genauigkeit stereotype Rollenvorstellungen dar. Ein kluges, aber auch anspruchsvolles, ein tolles Buch.“ (Informative Aussagen: „Inhalt des Buches“; Leistungsurteil: „Genauigkeit“; funktionsorientiertes Kriterium: „die wirkungsbezogene Revision von Vorstellungen“; expressive Aussage: „gefällt mir“)

„Klug und anspruchsvoll, aber leider nicht spannend, ja noch nicht einmal unterhaltsam. Was die Autorin auf siebenhundert Seiten ausbreitet, hätte man auch kürzer und pointierter darstellen können. Damit erweist sie ihrem Anliegen keinen guten Dienst..“ (Informative Aussage: „Umfang des Buches“; technologische Aussage: „funktioniert nicht“; Leistungsurteil „falsch gestaltet“ und funktionsorientiertes Urteil „verfehlt seine Absicht“; wirkungsbezogenes Kriterium: „erzeugt Unlust“)

 



Verstehen und Interpretieren

Wir kennen das alle: Nach der gemeinsamen Lektüre eines Buchs gehen die Meinungen auseinander. Manchmal ist es, als hätte jeder eine andere Geschichte gelesen. In der Liste mit Gründen für unterschiedliche literarischen Wertungen findet sich dazu etwas, das mit dem Verstehen und Interpretieren zu tun hat: „divergierende Zuschreibungen von Textmerkmalen (auch Interpretationen des Textes oder bestimmter Textteile)“.

Verstehen

Eine unterschiedliche „Zuschreibung von Textmerkmalen“ kann damit zu tun haben, dass ein Buch oder eine Geschichte von verschiedenen Leser:innen unterschiedlich verstanden wird. Denn das Verstehen hat zwei Pole: Das, was verstanden werden soll und diejenigen, die etwas verstehen möchten. Moderner formuliert: Wenn man liest, verarbeitet man Daten (Zeichen, Sprache, Text). Das ist die objektive Seite des Verstehensprozesses. Gleichzeitig setzt man sich selbst in Beziehung zu dem, was man verstehen will (Erfahrungen und Wissen). Das ist die subjektive Seite des Verstehens.

Ein Beispiel. Sie lesen: „Lena stieg in das Auto und fuhr zum Bahnhof.“ Die Datenlage ist klar. Sie wissen, was ein Auto und ein Bahnhof ist. Aber was stellen Sie sich vor. Was für ein Auto, was für einen Bahnhof? Den einer Großstadt, einen Provinzbahnhof oder den, den Sie am besten kennen? Welche Assoziationen ruft das Wort „Bahnhof“ bei Ihnen hervor? Vorfreude, Gleichgültigkeit oder die Angst vor Hektik?

Interpretieren

Im Gegensatz zum Verstehen, das meist unwillkürlich abläuft, ist eine Interpretation ein willentlich gesteuertes Vorgehen. Dabei weist man dem aus Zeichen bestehenden Gegenstand (Text, Geschichte, Roman, Film usw.) Bedeutungen zu. Beim Verstehen geht es darum, den Sinn eines Textes zu erfassen, beim Interpretieren wird der Text hingegen aus einer ganz bestimmten Perspektive betrachtet.

In der Datei „Verstehen und Interpretieren“ finden Sie Theorien und Modelle, mit denen das Verstehen von Texten beschrieben wird. Dabei geht es um das Sprachverstehen, das Leseverstehen, das Verstehen im Allgemeinen und die Rolle, die die Leserin beziehungsweise der Leser beim Verstehen spielt. Zum Thema Interpretieren finden Sie eine Erklärung des Begriffs und der Methode.

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